Newsticker #5
Berlin-Grunewald, 22. November 2016
Walter Yu – Die Farbe Schwarz als Ausdruck zwiespältiger Verhältnisse
Liebe Freunde der Galerie!
Nur noch drei Tage bis zur Eröffnung! Gerade hat Walter Yu, ein neuer junger Künstler der Galerie, uns seine Arbeiten für die Ausstellung gebracht – darunter einige seiner spannenden Keramiken. Ein Werk aus der Ausstellung wollen wir euch heute nahe bringen.Walter Yu hat chinesisch-deutsche Wurzeln. Er ist Maler, Zeichner, Keramiker, Fotograf, Filmemacher und Schriftsteller. Seine Papierarbeiten fertigt Walter Yu nicht selten in der traditionellen chinesischen Tusche- und Pinseltechnik. Der Mensch, seine Verhältnisse und zwiespältigen Zustände sind beherrschende Motive. Dem gemeinhin Unsichtbaren, das hinter den Alltagsdingen lauert, gilt sein Interesse.
Walter Yus Sujets – Stadt- und Naturlandschaften – oft mit Hervorhebung nächtlicher Lichterphänomene, oder seine psychologischen Porträts, zeigen einen deutlichen Bezug zu europäischen Kunstformen, wie dem Surrealismus oder der Phantastischen Malerei. Hinzu kommt allerdings eine philosophische Haltung, wie sie eher typisch ist für Kunstrichtungen der chinesischen Malerei, der Shan-Shui-Tradition beispielsweise, für die eine Landschaft oder auch eine Architektur auch ein adäquates Ausdrucksmittel für die Verfasstheit des Menschen sein kann.
Ob in seinen Papierarbeiten oder seinen Keramiken – in vielen Werken von Walter Yu herrscht eine Atmosphäre des Unheimlichen vor. Auffällig in seinen Bildern ist die Auseinandersetzung mit Themen wie Anonymität und Uniformität. Ein Beispiel dieser künstlerischen Auseinandersetzung zeigt das Bild OT (2016, 15 x 21 cm siehe oben). Vor tiefschwarzem nächtlichem Hintergrund ist ein hohes Gebäude mit lichtlosen Fensterreihen zu erkennen. Es steht isoliert auf einem schmalen baumlosen Landstrich. Über dem Gebäude thront ein blasser Mond.
Auf den zweiten Blick lässt sich in der Kombination von Mond, Architektur und Landschaft auch ein figuratives Zeichen – eine menschliche Figur vielleicht, frontal erfasst – ausmachen. Dieser Dualismus zwischen Architektur und Mensch bzw. zwischen Urbanität und Zivilisationen gehört zum Charakteristikum der Ästhetik Walter Yus.
Symptomatisch in der Bildwelt von Walter Yu ist auch die vom Menetekelhaften bestimmte Atmosphäre, die sowohl in dem gezeigten Bildbeispiel als auch in seinen Keramiken zum Ausdruck kommt. Den zwiespältigen Zuständen und dem gemeinhin Unsichtbaren, das hinter den Fassaden lauert, gilt Walter Yus Interesse.
Die Erscheinungswelt, wie der Künstler sie zeichnet, wirkt doppelbödig und Gefahren bergend. Dem Betrachter seiner Werke erscheinen die Verhältnisse labil. Sie sind spürbar aus der Balance geraten. [archi]
Berlin-Grunewald, 22. November 2016
Said Baalbaki – Die Farbe Schwarz im aktuellen Kontext
Liebe Freunde der Galerie!
Said Baalbaki ist im Libanon geboren und lebt seit rund vierzehn Jahren in Berlin. Der Zyklus seiner sogenannten „Kofferbilder“ bildet einen Schwerpunkt zum Thema Heimat, Vertreibung, Heimatlosigkeit innerhalb der Ausstellung „Die Schwärze der Nacht“. Die Motive dieser Serie zeigen in hart-frontaler Ansicht übereinander gestapelte Koffer vor nächtlichem Hintergrund. (Heap, 100 x 100 cm, 2014, Öl / Lw, siehe oben). Die Motive wirken umso eindrücklicher und bedrückender, zumal derartige Szenarien menschenleer sind. Wir alle kennen die Medienbilder von Flüchtlingstrecks und ihren in Flüchtlingscamps oder an Grenzhindernissen hinterlassenes – zumeist in Koffern oder Rucksäcken verpacktes – Hab und Gut. Derartige Bilder haben sich in unserem kollektiven Gedächtnis eingeprägt.
Seit Jahren beschäftigt sich Said Baalbaki aus eigenem Erleben mit den Zuständen im Mittleren Osten und in seiner Heimat, dem Libanon. Es gibt kaum einen Künstler, dessen Werk sich so intensiv auf die soziale Situation, dem Problem des religiösen Extremismus in dieser Region, sowie dem Bürgerkrieg im Libanon befasst und das so stark auf die Hintergründe und Umständen der Fluchtbewegungen aus den Kriegsgebieten im Mittleren Osten konzentriert ist.
Vor nächtlichen Hintergründen changieren Said Baalbakis „Kofferbilder“ zwischen Stillleben und Vanitas-Sinnbildern. Sie prangern Militarismus und Nationalismus ebenso an, wie das Elend und die Not der Kriegsflüchtlinge. Die Farbe Schwarz steht hier für den Niedergang der Verhältnisse. [archi]