Die Ausstellung stellt zwei bemerkenswerte und wiederzuentdeckende Künstler der abstrakten Nachkriegsavantgarde in einem künstlerischen Dialog vor – Christian Roeckenschuss (1929–2011) aus Berlin und Marie-Luise Heller (1918–2009), die hauptsächlich in München gelebt hat. Was beide Künstler eint, sind vergleichbare Einflüsse in den frühen Schaffensjahren und die Begeisterung für die Abstraktion. Beide haben aus den Erfahrungen des Krieges heraus über nationale und kulturelle Begrenztheiten hinweg nach neuen universellen Kunstformen gesucht.
1929 in Dresden geboren, erlebte Roeckenschuss als Kind und Jugendlicher die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten und die Zerstörung seiner Heimatstadt Dresden. Es waren wohl auch diese prägnanten Erfahrungen, die ihn in der Kunst nach einer neuen geistigen Ordnung suchen ließen.
Seine Karriere beginnt Roeckenschuss mit surreal-figurativen Motiven. Anfang der 1950er Jahre ging er nach Berlin und formte im Umfeld von Kunstprofessoren und Künstlerkollegen, die der internationalen abstrakten Moderne zugewandt waren, sein auf klare geometrische Formen reduziertes Kunstkonzept aus.
Wichtige Anstöße geben persönliche Begegnungen mit Künstlern wie Hans Arp in Paris oder Lucio Fontana in Mailand sowie Gespräche mit dem Bauhaus-Architekten Mart Stam. Aber auch die Auseinandersetzung mit der Künstlergruppe Zero und mit der Pop-Art spielen in Roeckenschuss‘ Inspirationen eine Rolle.
Oft verwendete Roeckenschuss Materialien aus der Industrie, etwa Acrylglas oder auch Klebepunkte und gemusterte Klebefolien. In Berlin war er bald kein Unbekannter mehr und sich selbst sah er inzwischen als Wegbereiter. Sein künstlerisches Credo hallte damals provokativ durch die Berliner Presse: „Ich will weg vom Persönlichen und Begrenzten. Meine Kunst zielt auf das Universale. Ich bin auf die Kühle einer technischen Zeit aus.“
Besonders mittels seines Hauptwerkes, den „Séquences Chromatiques“, den Streifenbildern, die der Künstler 1974 begann, wirkte Christian Roeckenschuss an der Neuformulierung der abstrakten Kunst mit. Im Vordergrund stand die Auseinandersetzung mit den raumillusionistischen Qualitäten von Farbe und ihrer psychischen und physische Wirkung. Im Spätwerk steigerte Roeckenschuss die Ausdrucksqualitäten seiner abstrakten Werke noch. In seinem letzten großen Thema wird die Sehnsucht des Künstlers nach dem geistigen und Spirituellen in der Kunst sichtbar.
Obwohl sich Christian Roeckenschuss und Marie-Luise Heller nie kennengelernt haben – und sich ihre Konzepte auch unterscheiden – lassen sich doch verblüffende Parallelen innerhalb der Einflüsse, der Werdegänge und der künstlerischen Konzepte ausmachen.
Marie-Luise Heller, in Worms geboren, begann wie Roeckenschuss ihre Karriere mit figurativer Kunst. Wie Roeckenschuss setzte sie sich danach mit der Abstraktion auseinander und lässt sie sich durch die amerikanischen Abstraktion und die Zero-Kunst inspirieren. Vermutlich durch den Ungarn Victor Vasarély inspiriert, finden sich in Hellers Werk aus den späten 1950er Jahren bereits Op-Art-Einflüsse. In den 1960er Jahren setzt sich die Künstlerin schließlich mit starkfarbigen Kompositionen sowie mit graphischen und geometrischen Systemen auseinander.
Ab 1969 tritt Acrylglas als Motivträger für Hellers Werke in den Vordergrund. Sie ist fasziniert von einem neuen Material, das ab den 1960er Jahren zunehmend den Alltag durchdringt. ber Sprühfarben entstehen geometrische Objekte, die immer einen architektonischen Bezug haben und die durch ihre Zweidimensionalität zum Teil optische Täuschungen hervorrufen.
Diese äußerst präzise gefertigten Objekte entstanden aus zwei oder mehreren farbig bearbeiteten Scheiben. Diese stehen in strenger Anordnung zueinander und werden durch Rundstäbe aus Metall oder Acryl gehalten.