Was ist Stadt? Wie nehmen wir Urbanität wahr? Welche Rolle spielt Architektur in einer globalen Welt? Und worauf verweisen Bilder von ihr?
Die Ausstellung vereint Fotografien aus 21 Städten auf 5 Kontinenten: Berlin, Brasilia, Christchurch, Honolulu, Lissabon, London, Los Angeles, Monte Carlo, New York, Paris, Ramallah, San Francisco, Shanghai, Sydney, Tel Aviv und Turin. In ruhigen, meist menschenleeren Schwarz-Weiß-Aufnahmen ragen markante Gebäude, Türme und Schilder ins Bild, extravagante Innenräume tun sich auf.
Rathjens Betrachtung der Fassaden ist neutral, er wertet nicht, eher ist er ein Sammler dieser Architekturen. Ihn begeistern die ikonischen Designs der Moderne, das Bauhaus, aber auch der Brutalismus. Er dokumentiert Kunstinstallationen im öffentlichen Raum, aber auch Baugerüste vor Wahrzeichen. Sein Blick fällt durch Fenster und Torbögen, er komponiert seine Fotografien, wechselt zwischen Distanz und Nähe, zwischen Raum und Detail. Ein besonderes Augenmerk liegt auf Automobilen, so finden wir Scheinwerfer, die uns anzublinzeln scheinen, als auch das markante Werkszeichen von Fiat, das in den Himmel wächst.
City Moments sucht Analogien und Differenzen in der Formensprache, setzt vermeintlich Gleiches in einen Dialog, findet ungewöhnliche Allianzen und präsentiert besondere Blicke. In den Überlappungen entstehen neue Sichtweisen, die Stadtansichten verdichten sich zu einem Grundgefühl des Urbanen, eine Verortung in den realen Städten wird aufgehoben. Die Fotografien der Bauten können losgelöst von ihrer tatsächlichen Erscheinung bestehen, und, weitergedacht, ersetzen sie spielerisch die – heute um so mehr – „beschwerliche“ Reise zu ihnen.
Nach einer Zeit des weltweiten Lockdowns und der Unmöglichkeit von Reisen überhaupt mutet die Rückschau auf die Stadtbilderwelt von Rathjen beinahe nostalgisch an. Der Entwurf des rastlos Reisenden ist, auch angesichts des fortschreitenden Klimawandels, einem bedachten Bewahrer gewichen. Heute kann das Unterwegssein auch ein Innehalten sein, ein Moment des Nachdenkens, des Abwägens. Und dies beinhaltet nicht nur die selbstverständliche CO2-Kompensation, sondern auch die Entscheidung, ob die ein oder andere Reise wirklich nötig ist.
In diesem Sinne möchte der Künstler etwas an den Kosmos zurückgeben: 10% der Editions Print Verkäufe gehen als nachträgliche Kompensation an www.atmosfair.de.
Bernd Rathjen, geboren 1966 in Hamburg, fing schon als 12-Jähriger an zu fotografieren. 30 Jahre arbeitete er in der Musik-, TV- und Eventbranche, bis er sich vor einigen Jahren wieder verstärkt der Fotografie zuwandte. Es entstanden Serien über Architektur, Autos, Kunst und Menschen. 2020 wurden seine Tegel Moments mit großem Erfolg bei Köppe Contemporary gezeigt. Bernd Rathjen lebt in Berlin und auf La Palma.